Unterm breiten Dache sprudelt ein prächtiger Brunnen, vor
den blanken Fenstern stehn einige Blumenstöcke, und ums ganze
Haus herum ist es lauter Sonntag, das heißt aufgeräumt
und sauber; kein Strohhalm liegt herum, kein Spänchen ist
zu sehen. Auf schöner grüner Bank sitzt ein schöner
brauner Bursche, schaut nachdenklich hinauf in die dunklen Wälder,
die am jenseitigen Hügel liegen, und langsam, schwermütig
steigt zuweilen ein Tabakswölkchen aus seiner fast erlöschenden
Pfeife.
Es ist Joggeli, der reiche, ledige Besitzer des schönen Hofes.
Seine Mutter ist ihm jüngst gestorben, die so trefflich ihm
die Wirtschaft geführt, ihm so lieb gewesen war, daß
er gar nicht heiraten wollte, obgleich ihm die Mutter alle Tage
zusprach, eine Frau zu nehmen. Rechte Mütter haben nicht
gerne ledige Kinder, denken sich die Söhne nicht gerne als
alte Sünder.
Jetzt führen ihm die Mägde die Haushaltung und schlecht
genug. Seit seine Mutter gestorben war, legten seine Hühner
nicht mehr, wenigstens bekam er wenig Eier zu Gesicht, die Kühe
gaben schlechtere Milch, er konnte immer weniger Butter verkaufen,
und die Schweine sahen ihn aus ihrem Troge hervor mit verweinten
Augen an, klagend über schlechtes Fressen, und doch hatte
er nie so oft Korn für sie fassen müssen. Noch nie war
so wenig gemacht, gesponnen worden, er brauchte immer mehr Tagelöhner,
und doch hatten die Mägde nie noch über so viele Arbeit
sich beklagt und nie so wenig Zeit gehabt, das zu tun, was er
befahl. Die Ermahnungen der guten Mutter stiegen ihm immer mehr
auf, er dachte immer ernstlicher ans Weiben, und, je mehr er daran
dachte, desto mehr grausete es ihm davor.
Joggeli war nicht etwa so ein Haushöck, der nie von Hause
weg kam, die Mädchen nie anreden, höchstens ansehen
durfte, sie nur vom Hörensagen kannte. Er war ein lustiger
Bursche, in der weiten Umgegend kannte er alle Dirnen, und wenn
irgendwo ein hübsches reiches Mädchen unterwiesen wurde,
so war er meist der erste unter dessen Fenster. Aber Fenstern
ist noch nicht Heiraten, und das war, was ihm Kummer machte und
eben deswegen, wie er meinte, weil er die Mädchen nur zu
gut kannte. Es sei nicht alles Gold, was glänze, und die
Mädchen zeigen den Burschen gewöhnlich nur das Glänzende,
pflegte er zu sagen, und das zu sehen, was nicht glänze,
werde meist erst dem Ehemann zuteil. Dieses zu beweisen, wußte
er Beispiele von Exempeln anzuführen, daß einem fast
schwarz vor den Augen wurde.
Er wüßte wohl, sagte er,
zu einer reichen und hübschen Frau zu kommen, aber er wolle
auch eine freine, fromme, fleißige; denn was hülfen
ihm Schönheit und Geld, wenn Zanksucht dabei sei und Kupsucht,
und wie die Suchten alle heißen mögen ? Ein zanksüchtig
Mädchen gebe eine alte Hexe, sagte er, einem kupsüchtigen
saure alle Milch im Keller, und es kriege zuletzt ein Gesicht,
gegen welches ein altes Judenkrös ein Prachtstück sei.
Von einem geizigen Mädchen wolle er dann gar nicht reden,
das werde ja zuletzt ein Geschöpf, gegen das der alte Drache
auf der Gysnaufluh ein purer Engel sei. Nun sei aber das das Verflümeretste,
daß man nie recht wissen könne, ob man eine Hexe, ein
alt Judenkrös oder den alten Drachen selbst ins Haus kriege;
denn alle diese Greuel seien meist schon im Mädchen eingepuppt,
hinter glatter Mädchenhaut verborgen, und gar oft mache das
Mädchen vor dem Hause und hinter dem Hause und besonders
im Wirtshause das zärtlichste Gesicht, dem im Hause der Drache
fußlang aus den Augen sehe und seine Krallen schon im Ankenhafen
und in der Tischdrucke habe. Sobald ein Mannsgesicht über
die Küchentüre hineinsehe, fahre der Drache in seine
Höhle, und während das Mädchen holdselig lächle,
wetze derselbe seine Krallen und denke: Warte nur, bis ich dich
habe, dann will ich dich!
Auf das Berichten von anderen Leuten
könne man sich auch nicht verlassen, am allerwenigsten einer,
der heiraten wolle. Von allen Seiten werde der angelogen. Man
bezahle Leute, welche das Mädchen bis in den Himmel erheben
sollen, und bezahle wiederum Leute, die es auszumachen hätten,
als ob es in keinen Schuh gut wäre und man mit ihm ein Bschüttiloch
vergiften könne. Da möchte er doch wissen, wer so eine
feine Nase hätte, daß er immer richtig unterscheiden
könne, ob die Leute bezahlt seien, um zu schelten, oder bezahlt
zu loben, oder gar nicht bezahlt. Nun möchte er wohl eine
Frau, allein so hineintrappen und einen Schuh voll herausnehmen,
das doch auch nicht. Wie das aber zu vermeiden sei, es auszusinnen,
habe ihn schon oft fast wirbelsinnig gemacht.
Wenn Joggeli, der doch zu Kilt gehen und aus Pflanzplätzen
und allerlei sonst immerhin in etwas auf die Tüchtigkeit
eines Mädchens schließen konnte, in solcher Verlegenheit
war, in welcher muß da nicht ein Stadtherr sein, der die
Stadtmädchen nur an Bällen, in Soireen, in der Komödie
oder in einem Konzerte sieht, der, er mag es machen, wie er will,
nur ihre Sonntagsgesichter erblickt, keine Arbeit von ihnen zu
Gesicht bekommt, ja selten mehr ihre Hände ohne Handschuhe!
Guter Rat ist meist sehr teuer, indessen kömmt er auch über
Nacht umsonst. Eines Morgens zwischen Heuet und Ernte, wo die
Bauerntöchter meist zu Hause waren, einige am Strümpfeplätzen
sich versuchten, andere dem Weber spulten, die dritten im Garten
grupeten oder ums Haus herum fiselten, sagte er seinen Leuten:
er wolle ins Luzernerbiet um ein Roß aus. Dort seien weniger
Tage im Jahr als hier, jeder Tag wenigstens zwei Stunden kürzer,
daher werde weniger Geld verdient, daher alle Sachen dort wohlfeiler
als bei uns, und wenn er schon acht Tage lang nicht wiederkomme,
so sollten sie nicht Angst haben um ihn.
Joggeli ging fort, doch sah man zur selben Zeit im Luzernerbiet
keinen Joggeli, der nach Rossen gefragt hätte. Aber zur selben
Zeit sah man durch das Bernbiet einen Kesselflicker ziehen, den
man vorher und nachher nie wahrgenommen hat, und von dem man noch
immer reden hört, obgleich seither wenigstens fünfzig
Jahre verflossen sind. Es war ein langer Bursche mit rußigem
Gesicht, der das Handwerk noch nicht lange getrieben haben konnte,
denn er war gar langsam dabei und ungeschickt dazu, und wenn ein
nur leicht verwickelter Fall vorkam, so wußte er sich nicht
zu helfen.
Am meisten fiel bei ihm auf, daß er keine Regel hatte in
seinen Forderungen und keine Ordnung im Arbeitsuchen. Er übersprang
ganze Reihen Häuser, fragte bei keinem einzigen nach verlöcherten
Pfannen oder zerbrochenen Kacheln, er strich, ohne stillzustehen,
durch ganze Dörfer. Wiederum konnte er vor einem Hause, einem
Hofe einen ganzen Tag leiern, ohne daß man eigentlich wußte,
was er tat. Er stotzte in der Küche herum, schnausete alles
aus, war jedermann im Wege und ging am Ende abends nicht einmal
fort, sondern forderte noch ein Nachtlager. Er hatte alle Augenblicke
etwas nötig, strich, um es zu fordern, den Töchtern
des Hauses oder den Mägden nach, suchte mit ihnen zu wortwechseln,
sie zu versäumen, und, wo er über Nacht blieb, da erlaubte
er sich gar unziemliche Dinge und trieb es so weit, daß
man fast glauben mußte, er versuche, wieviel es erleiden
möge, ehe man Schläge kriege. Auch ließ er schon
geheftete Kacheln aus der Hand fallen, daß sie in tausend
Stücke sprangen, forderte unverschämten Lohn, branzte
über die Menge der gemachten Arbeit, kurz, er war der widerwärtigste
Bengel, der je das Land durchstrichen hatte.
Deswegen auch wurde er von manchem Hause weggejagt mit Fluchen
und Schelten. Ertaubete Bauern hetzten ihm die Hunde nach und
drohten mit Steinen und Stecken; erboste Bauerntöchter warfen
ihm Kachelstücke nach, gaben ihm Titel, mit denen man einen
Hund hätte räudig machen können, und schnitten
ihm Gesichter, neben welchen der geschundene Kopf einer Kröte
ein anmutig Luegen war. Zu diesem allem lachte der Kerli nur,
gab spöttische Antworten, nannte die Bauern Muttestüpfer,
die Töchter Zyberligränne, und wenn man ihm den geforderten
Lohn nicht geben wollte, so sagte er wohl: er begehre gar nichts,
einem solchen Lumpenbürli, der seiner Tochter nur kudrige
Strumpfbändel vermöge und knöpfig Haarschnüre,
sei er noch imstande, ein paar Kreuzer zu schenken. Man kann denken,
was ihm dann alles nachfuhr auf solche Reden hin, aber als ob
er das geradeso wollte, ging er lachend von dannen. Hätte
der Kesselflicker in dieser Zeit gelebt, und hätte er auch
schreiben gekonnt, so würde er wahrscheinlich die Welt mit
Reisebildern oder Wallfahrten beschenkt haben.
So hatte er am dritten Tag seiner Wanderung ein großes Haus,
das am Ende eines Dorfes lag, erreicht in vollem Laufe. Eine schwarze
Wolke schwebte am Horizont und sandte flimmernden Regen herab
in reichem Gusse. Kaum hatte er sich geschüttelt unter breitem
Dache und seine leichte Boutique abgestellt, so kamen durch das
Gras unter den Bäumen her andere Gestalten hergerannt mit
Hauen auf den Schultern, Fürtücher die Mädchen
über die Köpfe, die Schuhe in den Händen die Bursche,
alles dem breiten Dache zu: es war das Gesinde, welches zum Hause
gehörte und Erdäpfel gehacket hatte. Hinter ihnen drein
sprang etwas unbehülflich eine zimperliche Gestalt, besser
angezogen als die andern, aber eben nicht zu solchem Wettlauf
eingerichtet. Als sie ankam, schäkerten bereits Mägde
und Knechte miteinander, und ein dralles Mädchen schlug Sami,
dem Melker, das nasse Fürtuch um den Kopf. Da zog Rösi,
das zuletztangelangte Mädchen, die Tochter des Hauses, ein
gar schiefes Gesicht, warf Stüdi, dem drallen Mädchen,
seine Haue und sein Fürtuch zu, hieß ihm beides abseits
tun und tat selbst zimperlich unter den andern und trippelte mit
allerlei Gebärden um die Knechte herum und übte den
eigenen Augenaufschlag und das Blinzen durch die Augenecken, welche
beide zu Stadt und Land wohl bekannt sind. Endlich kam die Mutter
unter die Türe, eine lange, hagere Frau mit spitzer Nase,
und hieß die Tochter, statt da außen zu galpen, sich
trocken anzuziehen; sie wisse ja wohl, wie sie eine Leide sei,
nichts erleiden möge und gleich auf dem Schragen liege.
Bei dieser Frau meldete sich auch der Bursche um Arbeit. Er erhielt
zur Antwort, daß er warten müsse bis nach dem Essen,
man hätte jetzt nicht Zeit, ihm die Sachen zusammenzusuchen.
Bescheidentlich fragte er, ob er nicht mitessen könne, er
wolle sich gern vom Lohne abziehen lassen dafür. Man wolle
ihm etwas füruse geben, hieß es. Er setzte sich vor
die Küchentüre, aber lange ging es, bis das Essen aufgetragen
wurde, und noch länger, bis er etwas kriegte. Bald fehlte
eine Kachle, bald eine Kelle beim Anrichten; bald schrie die Frau:
"Stüdi, weißt du, wo der Waschlumpen ist?"
und bald: "Rösi, wo hast du den Schiggoree?" Und
als sie schon alle bei Tische saßen, schoß bald eins
in die Küche, bald eins in den Keller, denn bald fehlte Milch
auf dem Tisch, dann war kein Brot vorhanden. Endlich brachte man
auch ihm etwas heraus, das eine Suppe sein sollte, aber aussah
wie schmutziges Wasser, in dem ein Mehlsack ausgeschwenkt worden,
ein aschgraues Gemüse, welches ehemals Schnitze gewesen,
in himmelblauer Brühe schwimmend, und dazu ein Stücklein
Brot, das von einem alten Wollhut, der lange in einem Krüschkasten
gelegen, abgeschnitten schien. Er merkte sich das Essen wohl,
aber aß es nicht, sah dagegen, wie Rösi, als nur noch
die Mutter in der Küche war, für sich köcherlete
und endlich ein verstrupftes Eiertätschchen zum Vorschein
brachte und ins hintere Stübchen spedierte, wie es sich darauf
eine Zeitlang im Keller aufhielt und mit einem verdächtigen
Weingeruch heraufkam. Als alle wieder in die nassen Erdäpfel
gegangen, sogar die Mutter, der Vater aber, ein ehrlicher Schlirpi,
irgendwo auf dem Ohr lag, sah er, wie Rösi, wahrscheinlich
mit einem Restchen des Eiertätsches, in den Futtergang ging,
wo der Melker Futter rüstete für die Rosse. Als diese
Promenade zu Ende war, setzte sich Rösi zu ihm auf die Bank,
bohrte an einer Lismete mit ungewaschenen Fingern und frägelte
ihn allerlei aus, tat wie ein Meisterlos und hörte ohne Zucken
alle Dinge, sie mochten sein, wie sie wollten, die der Kesselflicker
zu sagen beliebte.
Und dieses Rösi war das gleiche Mädchen, das so nett
und aufgeputzt an Märkten und Musterungen erschien, so sittsam
tat, so mäßig sich betrug, vor einem Schluck Wein sich
schüttelte und vor jedem Blick eines Burschen sich verbergen
zu wollen schien. Mit Gewalt mußte man es zum Tanzen zwingen,
mit Gewalt zum Essen, mit Gewalt zum Reden, aber es hieß,
daheim sei es gar werksam, gehe immer mit dem Volk aufs Feld und
sei ohne allen Stolz und Hochmut.
Aber, je mehr er Rösi ansah, desto mehr mißfiel es
ihm und alles um ihns herum. Nicht nur die Finger waren schmutzig,
sondern alles an ihm; ums Haus herum war es unaufgeräumt,
in der Küche keine Ordnung, zu allen Kacheln, welche er heften
sollte, fehlten Stücke. Es saß da bei ihm, sich offenbar
gehen lassend, weil es ihn ohne Bedeutung meinte, und da war von
Sittsamkeit nichts zu sehen, es hatte ein beflecktes Inneres,
Lust an wüsten Dingen und stellte sich recht eigentlich dar
als ein gemeines Ding, das nicht gerne arbeitete, das daheim sich
alles erlaubt glaubte, wenn es nur im Wirtshause und auf der Straße
sich anständig gebärdete. Es klagte nebenbei so recht
zimperlich über das Arbeiten, und wie ihm das erleidet sei,
es Kopfweh und Krämpfe mache und ein schönes Buch ihm
das Liebste sei. Dazu schien es noch bösartig, stüpfte
die Katze, neckte den Hund und jagte die Tauben unter dem Dache
weg. Es hätte in diesem lüsternen, lässigen, langweiligen
Ding niemand das schmucke, stille, ehrbare Mädchen erkannt,
dem man recht gerne nachsah beim Tanze oder stillestund, wenn
man es bei einem Krämer seine Einkäufe machen sah. Duldsam,
solange sie alleine waren, fing es, sobald am Abend das Haus sich
wieder füllte, mit dem Kesselflicker zu zanken an, gab ihm
schnöde Worte und führte alle seine Arbeit aus. Da begann
auch der Kesselflicker sein Spiel, höhnte das Töchterchen,
hielt ihm den Melker vor, den Eiertätsch, sein sauberes Lismen,
wo immer ein Lätsch auf der Nadel sei und einer unter derselben,
bis das Feuer ins Dach stieg, das Mädchen heulend Vater und
Mutter klagte, der Vater fluchte, die Mutter schimpfte, der Ringgi
bellte, die Katze miaute, alles lärmte, was da lärmen
konnte - da zog der Kesselflicker lachend fürbaß.
Am Abend eines anderen Tages schleppte er seine Bürde müde
einem großen Hause zu, das in der Nebengasse eines Dorfes
stund. Das Dach des Hauses war schlecht, der Misthaufe aber groß,
viel Holz lag darum herum, aber nicht geordnet, ein Schweinstall
stieß daran, einige Fürtücher und Hemden hingen
am Gartenzaune, schwarz und rauchicht war es um die Haustüre,
voll Löcher der aus Lehm gestampfte Schopf. Eine fluchende
Stimme drang aus der Küche und donnerte mit einem unsichtbaren
Jemand, der wahrscheinlich etwas zerbrochen hatte, und ihr nach
kam ein stämmiges Mädchen mit rot angelaufenem Gesicht,
ungekämmt seit vergangenem Michelstag, zwei Säumelchtern
in den Armen, in denen Adern schwollen wie kreuzerige Seile, und
auf Füßen, die letzten Samstag gewaschen worden, seither
zweimal den Schweinen gemistet hatten und so breit waren, daß
man die verhudelten Schuhe an denselben bequem als Kuchenschüsseln
hätte gebrauchen können. Dieses Mädchen war in
vollem Zorn, traf die Schweine beim Ausputzen ihres Troges mit
dem mutzen Besen auf ihre Rüssel, daß sie krachten,
fluchte mit ihnen, wie kein Kälberhändler es ärger
hätte tun können, und schlug ihnen das Fressen in den
Trog, daß es weit umherspritzte. Darauf die Hände nur
notdürftig im Brunnentroge schwenkend, rief es zum Essen,
und hervor kamen allerlei Gestalten, die wenigsten ihre Hände
waschend, wie es doch bei jedem ehrbaren Bauernhause Sitte ist,
und die es taten, taten es, als schonten sie dem, was sie aus
den Ställen an den Händen mitgebracht. Es war ein wüstes,
unordentliches Essen, an welchem der Keßler teilnehmen konnte
unter dem Beding, umsonst zu heften, was er, während die
andern rüsteten, zu heften imstande sei. Rohe Spässe,
Zoten wurden alsobald flüssig; man schien damit das schlechte
Essen würzen zu wollen. Marei, die Tochter, nahm herzhaft
teil daran ohne irgend die geringste Scham, hatte aber nebenbei
immer noch Zeit, Vater und Mutter zu widerreden: dem erstern zu
sagen, wann er zum letzten Male voll heimgekommen sei, und der
letztern vorzuhalten, sie hätte in den letzten drei Wochen
nicht zwei Strangen Garn gesponnen, dann auch die Mägde zu
schelten und den Knechten wüst zu sagen, wenn sie an den
zu beschneidenden Rüben die Rinde zu dick machten. Freilich
mußte sie sich auch gefallen lassen, derbe Antworten zu
hören und besonders von den Knechten Worte anzunehmen, wie
doch sonst kein ehrbares Mädchen sich sagen läßt
von Knechten; aber, wie man tut, so hat mans auch.
Sein Lager war ihm im Stall angewiesen. Der war schmutzig wie
die Kühe darin, die Läger zu kurz und er in beständiger
Gefahr, von einer Kuh mit ihrem Heimeligsten begossen zu werden.
Im Hause war noch lange Lärm, es schien ihm auch nachts keine
Ordnung da zu sein und alle zu machen, was jedem beliebe. Er war
aber zu müde, zu gwundern. Am Morgen ward frühe Appell
geschlagen, niemanden mehr Ruhe gegönnt, es drehte das Volk
vor fünfe sich ums Haus herum, aber niemand tat doch eigentlich
was Rechtes. Man mußte halt aufsein, damit es heiße:
in dem und dem Hause gehe der Tanz schon vor fünfe los, und
dsMarei sei immer die erste und die letzte. Aber vor halb achte
konnte man doch nicht zMorgen essen und zwar eine Suppe ohne Schmalz
und ohne Brot und Kraut, so lang, so hart, so trocken, daß
man sich lange besinnen mußte, ob das, was man hinunterschlucke,
Geißelstecken seien oder wirkliche Krautstengel, und dazu
machte die Marei Augen, mit denen man einen Hasenpfeffer hätte
anmachen können.
Dem Keßler erleidete es bald da, am Kraut hatte er sich
satt gegessen und an der Tochter, diesem unsauberen Werktier,
satt gesehen. Daher, als sie ihm eine Milchkachle zum Heften brachte,
sagte er ihr: diese werde sie doch nicht wollen heften lassen,
sie säuerle ja wie eine Sauerkrautstande, in welcher dreijähriges
Sauerkraut gewesen sei; wenn sie ihr Milchgeschirr nicht sauberer
halte, so werde sie die Milch nicht lange gut haben und nicht
viel süßen Anken machen. Potz Wetter, da gings los,
die Kachelstücke flogen ihm ins Gesicht, und als die verschossen
waren, riß sie ihre Schuhe von den Füßen, schlug
auf ihn los wie der Drescher auf das Korn in der Tenne, und er
hatte noch nie so Eile gehabt, sich wegzumachen, wenn er nicht
geprügelt sein oder allen Ernstes sich wehren wollte.
Da könne auch einer einen Schuh voll herausnehmen, dachte
der Bursche bei sich, als er das Haus im Rücken hatte. Das
erstere Mädchen sei berühmt als gar sittsam, manierlich,
das jedem Haus wohl anstehen würde, dieses aber als eine
rechte Werkader, als eine angehende Bäuerin, wie es zu Berg
und Tal keine geben werde, hätte die schönsten Schweine,
wisse mit den Schweinehändlern am besten zu märten,
dürfe alles selbst anrühren, und der sei ein Glücklicher,
der es erhaschen könne. Nun habe er beide gesehen, und es
schaudere ihn, wenn er eins oder das andere haben müßte,
und wenn er nur ein Kesselflicker wäre. Und es sei doch gut,
dachte er, daß so ein Kesselflicker überall hingucken
könne, wo sonst niemand hinsehe, und daß man sich nicht
vor ihm in acht nehme und das Sonntagsgesicht vornehme, wenn so
einer im Hause sei, wie man es zu tun pflege, wenn Dorf komme,
oder wenn man zDorf gehe. Gar auf Märkten und an Musterungen
sei lauter Lug und Trug, nicht nur auf dem Kühmärit,
sondern auch in Gast- und Tanzstuben, und die da am meisten aufgezäumt
erscheine und geschlecket bis z'hinderst, die sei zu Hause nicht
selten die wüsteste Kosle, die es geben könne, und komme
daher, daß man nicht wisse, was hinten, was vornen sein
solle. Wer Marei und Rösi auf einem Märit gesehen, der
hätte geglaubt, sie stunden jedem Bauernhause wohl an, wer
sie aber zu Hause sah, der mußte sagen, daß sie zu
einem Bauernhof paßten wie Haare in die Suppe, wie Wanzen
in ein Bett, wie Essig zu einer gestoßenen Nidel. Ja, dachte
er bei sich selbst, wahr ist wahr, und mit den Mädchen ist
es, nicht zusammengezählt und Euer Ehren vorbehalten, wie
mit den Kühen: was man auf dem Markt kauft, ist gewöhnlich
daheim nur halb soviel wert, mit dem Unterschied, daß man
von den einen wieder loskommen kann, wenn man Reukauf zahlt, von
den andern dann meist weder Geld noch Seufzer einem helfen.
Er war recht schwermütig geworden, und alle Arbeit war ihm
verleidet. Er setzte sich in ein Wirtshaus und tagdiebte da, spielte
den Hudel, tat, als ob er kein Geld hätte, wollte seinen
Keßlerkram verkaufen, fand aber keinen Käufer. Die
Wirtstochter fesselte ihn auch nicht. Ihre Pantöffelchen
gefielen ihm nicht, sie steckte ihm ihren Daumen zu tief ins Kraut,
welches sie ihm auftrug, machte ihm ein gar zu mißvergnügt
Gesicht, wenn sie einmal aufstehen mußte, und gnepfte manchmal
so bedenklich durch die Stube, als ob sie an jedem Fuße
fünf Hühneraugen hätte.
Zeitlich ging er zu Bette, brach früh auf, da eben die Sonne
so klar und frisch zu scheinen begann. Da ward ihm wieder froh
und leicht im Gemüte, und er beschloß, weiterzuwandern
mit seinem Keßlerkram, den ihm niemand hatte abkaufen wollen.
Einem Fußwege nach zog er einem schönen Bauernhofe
zu; lustig umflatterten ihn früh erwachte Vögelein,
abgefallene, unreife Kirschen knitterten unter seinen Füßen,
Spatzen jagten sich auf den hohen Bohnenstecken, zwei Bursche
graseten, und zutrauliche Hühner pickten hinter ihnen auf
den frisch gemähten Flecken die Würmer auf. Blank war
das Haus, hell glitzerten die Fenster, ein freundlicher Garten
lag vor demselben, und wohlbesorgte Blumen spendeten freigebig
ihre reichen Düfte. Ein schlankes, großes Mädchen
mit reinem Haar, reinem Hemd und Händen saß auf der
Türschwelle, schnitt Brot ein und hatte ein lustig prasselnd
Feuer in der Küche, doch nicht das halbe Feuer draußen
auf der Feuerplatte, sondern alles drinnen im Loch, wie es sich
gehört. Rauh und trotzig frug er nach Arbeit. Wo Weibervolk
sei, da sei immer etwas zu heften oder plätzen, fügte
er bei. Das Mädchen antwortete: wenn er warten wolle, bis
es angerichtet, so habe es ihm Arbeit genug. Da müßte
er wohl viel Zeit versäumen, antwortete er, wenn er jedem
Ziehflecken abwarten wolle, bis es ihm sich schicke. Das sei doch
keine Manier, sagte das Mädchen, gleich so aufzubegehren,
und wolle er nicht warten, so könne er gehen. Wolle er aber
Verstand brauchen, so könne er seinethalben mit ihnen zMorgen
essen, während der Zeit wolle es ihm Arbeit rüsten.
Der Keßler blieb nicht ungern da, das Ganze hatte so eine
Art, daß es ihn heimelete. Er zog daher seine Pfeifen in
etwas ein, stellte seine Drucke ab und setzte sich zu dem Volk
an den Tisch. Es hatte alles ein reinlich Ansehen, und das Volk
tat manierlich, betete mit Andacht, und aus dem ganzen Benehmen
sah man, daß da Gott und Meisterleute geehrt würden.
Die Suppe war eben nicht überflüssig dick, aber gut,
der Brei bränntete nicht, die Milch war nur leichtlich abgeblasen,
das Brot nicht ohne Roggen, aber küstig und nicht hundertjährig.
Er saß noch nicht lange am Tische, so ließ er ein
mächtiges halbes Brot in eine Milchkachel fallen, daß
die Kachel in Scherben ging und rings am Tische alles mit Milch
überspritzt wurde. Hie und da hörte man ein Kraftwort,
aber halb verdrückt; eine vorlaute Magd hieß ihn der
ungattlichst Hung, den sie noch gesehen. Anne Mareili aber, die
Tochter, verzog keine Miene, hieß jene Magd mit ihr in den
Keller kommen, und bald stund andere Milch und anderes Brot auf
dem Tisch. Statt sich zu entschuldigen, stichelte der Keßler:
im Länderbiet esse man weißeres Brot, dort würde
solches nicht einmal von dr Gottswillen Leuten gegessen. Niemand
antwortete ihm darauf.
Er pflanzte sich mit seiner Arbeit neben der Küchentüre
auf, von welchem Standpunkt aus er die Arbeit in Küche und
Garten beobachten konnte. Er sah, wie Anne Mareili das Großmüetti
- die Mutter war gestorben - an die Sonne führte, ihm mit
aller Sorgfalt ein Kissen auf der Bank zweglegte und nie unwillig
wurde, wenn das Großmüetti kärete, bald hie aus,
bald da aus wollte und beständig das Großtöchterchen
an Sachen mahnte, die längst abgetan waren, nach Art aller
Großmüetteni, die meinen, an Dinge, welche sie ehemals
abgetan, jetzt aber nicht mehr vollbringen können, denke
kein Mensch mehr, sie blieben ungemacht, wenn sie nicht daran
erinnerten. Er sah, wie der Ätti fortwollte, seine Strümpfe
suchte, sie nirgends fand und nun seine Tochter ausschimpfte,
die sie ihm verlegt haben sollte. Ohne viel dagegen zu haben,
half sie ihm geduldig dieselben suchen und fand sie endlich versteckt
hinter der Kutte, welche der Vater anzog, wenn er bei strubem
Wetter wässern wollte. Dorthin hatte der Alte sie selbst
versteckt am vergangenen Tanzsonntage, damit sein Sohn sie ihm
nicht wegstipitze, um auf dem Tanzboden damit zu glänzen.
Das Mädchen gab sie dem Ätti ohne irgendeine Bemerkung,
begleitete ihn freundlich einige Schritte weit und bat ihn: er
solle doch ja nicht zu streng laufen und sich doch ordentlich
Essen und Trinken gönnen, es wolle ihm schon mit etwas Warmem
warten, bis er heimkomme. Er hörte, wie es Bettelkindern
Bescheid gab, die einen teilnehmend nach einem kranken Vater,
einer kranken Mutter fragte und etwas Passendes ihnen gab, wie
es andere zurechtwies, zur Arbeit sie mahnte, Arbeit ihnen anbot
und sie dann sehr ernst abwies, wenn sie schnöden Bescheid
gaben und die Arbeit von der Hand wiesen. Er hörte, wie es
den Diensten Bescheid gab, kurz und deutlich jedem antwortete
oder Arbeit anwies, daß man sah, es wußte allenthalben
in Feld und Haus, was getan, was noch zu tun war. Bei dem allem
saß es nicht auf einem Throne oder einem Ruhbett, streckte
die Füße lang von sich weg und hatte im Schoße
die Hände, sondern es war nie müßig, rüstete
das Essen für eine ganze Menge Volk alleine, erlas das Kraut
beim Brunnen mit einer Sorgfalt, daß man ihm wohl ansah,
es sei ihm nicht gleichgültig, ob in demselben Schnecken
blieben oder nicht. Aber es ging ihm alles von der Hand wie gehext,
und seine Füße liefen wie auf Federn, es blötschte
nicht auf dem Boden, daß es ihm bei jedem Schritt die Nase
bis über die Stirne hinaufsprengte, wie man hie und da Menschenstücke
um Häuser blötschen sieht.
Des Mittags war das Essen wieder proper und anständig, und
doch führte er es aus und sagte: am Schmalz im Kraut könnte
wohl keine Fliege sich überschlucken. Das Mädchen, welches
in der Abwesenheit des Vaters die Oberherrschaft führte,
antwortete darauf bloß: daheim könne er kochen lassen,
wie er wolle, hier sei es so der Brauch, und wenn das ihm nicht
recht sei, so brauche er ja nicht wiederzukommen.
Nachmittags, als die Großmutter schlief, das Volk auf dem
Felde war, ging er in die Küche, angeblich um die Pfeife
anzuzünden, fing aber an zu spassen, zu schätzelen,
wollte das Mädchen obeneinnehmen und küssen, da kriegte
er eine Ohrfeige, daß er das Feuer im Elsaß sah und
dazu die Schwelle in Bern rauschen hörte, und vernahm den
kurzen Befehl, er solle sich an seine Arbeit machen, damit sie
endlich fertig werde. Dann ging das Mädchen zum Hundestall,
band den Blaß los, der es in freudigen Sätzen umsprang,
und sagte zu ihm: "Komm, du armer Hund du, ich will dich
ablösen, aber dafür mußt du hübsch bei mir
bleiben und nicht wieder den Schafen nachlaufen, willst du?"
Und der Hund sah zu ihm auf, als ob er es verstünde, war
ihm immer zur Seite, wohin es ging, legte sich ihm, wenn es arbeitete,
zu den Füßen und zeigte allemal die Zähne, wenn
es beim Keßler vorbeiging, als ob er wüßte, wem
er Respekt einzuflößen hätte.
Endlich, gegen Abend erst, brachte der Keßler Pfannen und
Häfen in die Küche zurück und zuletzt auch einen
Arm voll Kacheln. Als das Mädchen sie ihm abnehmen wollte,
ließ er sie fallen, daß die Stücke weit in der
Küche herumflogen, die Großmutter einen Schrei ausstieß
und ängstlich fragte, ob nicht die Kachelbank umgefallen
sei. Der Bursche fluchte nur und sagte: an dem wolle er nicht
schuld sein, aber eine, die so dumm und uwatlig täte, hätte
er noch nie angetroffen. Das Mädchen wurde hochrot, und der
Blaß stellte sich mit offenem Maul neben ihns, aber es sagte
bloß: es sei nicht sein Brauch, mit einem Keßler zu
branzen, aber wer sie habe fallen lassen, wisse er und es. Er
solle nur sagen, was man ihm schuldig sei, und dann machen, daß
er fortkomme, sonst zeige ihm endlich der Blaß noch den
Weg.
Er lasse sich nicht so begegnen, sagte der Keßler, und fürchte
den Hund nicht. Das sei wohl die kommodeste Art, sich bezahlt
zu machen, arme Leute, denen man Geld schuldig sei, mit dem Hund
fortzujagen, aber bei ihm komme man an den Lätzen. Anne Mareili
antwortete: er habe ja gehört, daß es ihn bezahlen
wolle und das je eher je lieber, damit es ihn nicht mehr zu sehen
brauche, und wiederzukommen brauche er nicht, denn es hätte
nie mehr Arbeit für ihn. Da sagte der Keßler: und jetzt
wolle er expreß nichts für seine Arbeit, aber so befehlen,
nicht mehr zu kommen, das lasse sich ein Keßler nicht, das
sei unverschämt. In vierzehn Tagen sei er wieder da, und
dann nehme es ihn dsTüfels wunder, ob es nichts für
ihn habe; und dazu machte der Keßler wieder Augen, als ob
er Anne Mareili küssen wollte, aber der Blaß sperrte
sein Maul auf zu einem Müntschi, das dem Keßler doch
nicht angenehm war. Darum streckte er Anne Mareili nur die Hand
und sagte: "Auf Wiedersehen!" Aber Anne Mareili wollte
ihm die Hand nicht geben und sagte: es hätte noch nie einem
Keßler die Hand gegeben, und es wolle schon zufrieden mit
ihm sein, aber erst dann, wenn es ihm den Rücken sehe. Da
lachte der Bursche und sagte, sy Seel gebe es ihm noch einmal
die Hand, und es werde wohl eine Zeit kommen, wo es sein Gesicht
lieber habe als seinen Rücken.
Somit machte er sich von dannen, hellauf ein lustig Lied singend,
daß Berg und Tal widertönten. Anne Mareili wurde es
recht angst dabei. Es hatte viel von Räubern gehört
und namentlich, daß oft Keßler versteckte Räuber
seien, die das Land ausspionierten, um zu sehen, wo etwas zu stehlen
sei, und wie sie auch Weiber und Mädchen mit sich fortschleppten
in ihre Höhlen und dort sie bei sich behielten als ihre Weiber.
Ein solcher Räuber, dachte es, könnte auch der Keßler
sein - er sehe ganz darnach aus - und es auf ihns abgesehen haben.
Aber das solle ihm nicht leicht werden, dachte es, sein Messer
und der Blaß wollten auch noch etwas dazu sagen. Indessen
ging es doch nicht gerne nachts aus dem Hause, zündete des
Nachts allenthalben hin, besonders unter sein Bett, schloß
die Türen sorgfältig und fütterte den Blaß
extra alle Abend, damit er sich nicht etwa locken lasse, und betete
noch einmal so inbrünstig zu seinem lieben Vater im Himmel,
daß er ihm zur Wache seine Engelein senden möchte,
zwei zu seinen Häupten, zwei zur Fußeten, einen an
jede Seite und endlich einen, der ihns führe in sein himmlisch
Reich. Und dann schlief es getrost ein, aber oft träumte
das Mädchen von dem Keßler, doch eigentlich nicht mit
Furcht und Zittern, sondern derselbe verwandelte sich gewöhnlich
in einen schönen Jüngling, in einen Prinzen oder Königssohn,
der es absolut zur Frau haben wollte und seinem Anne Mareili Himmel
und Erde versprach.
Doch kein Keßler kam wieder. Aber nach vierzehn Tagen fuhr
an einem schönen Nachmittag ein Wägeli vors Haus, ein
schöner Grauschimmel mit stolzem Geschirr davor, ein großer,
schöner Bursche darauf.
Ganz als wenn er da bekannt wäre, rief er einem Knechte:
er solle doch kommen und ihm das Roß abnehmen. Darauf kam
er an die Türe, und als Anne Mareili ihm Bescheid geben wollte
und ihm in die Augen sah, da wurde ihm fast gschmuecht, der Keßler
stund vor ihm, nicht als Prinz und nicht als Räuber, sondern
als ein stattlicher Bauer. Und der Spitzbube lachte und zeigte
noch schönere weiße Zähne, als der Blaß
hatte, und fragte so spitzbübisch: "Gäll, ich bin
wiederum da, du hast es mir verbieten mögen, wie du wolltest."
Und lachend reichte er ihm die Hand, und verschämt gab ihm
Anne Mareili die seine. Da, rasch sich umsehend und niemand gewahrend,
sagte er ebenso rasch, und gerade seinetwegen komme er. Es werde
wohl schon von ihm gehört haben, er sei der und der und hätte
schon lange gerne eine Bäuerin auf seinen Hof gehabt, aber
nicht eine auf die neue Mode, sondern eine wie seine Mutter selig.
Aber er hätte nicht gewußt, wie eine solche finden,
da die Meitscheni gar schlimm seien und einem leicht Stroh für
Heu verkaufen. Darum sei er als Keßler umhergezogen, hätte
manches gesehen, er hätte es niemanden geglaubt, aber manchen
Tag, ohne eine zu finden, die er nur vierzehn Tage hätte
auf seinem Hofe haben mögen. Schon habe er die Sache aufgeben
wollen, als er ihns gefunden und bei sich gesagt habe: Die oder
keine! Und jetzt sei er da und möchte ihns geschwind fragen,
ob er seinem Alten etwas davon sagen dürfe. Da sagte Anne
Mareili: er sei einer, dem nicht zu trauen, aber er solle hineinkommen,
es sei soviel Rauch in der Küche. Und Joggeli mußte
hinein ohne weitere Antwort.
Indessen ging er nicht wieder hinaus, bis er eine hatte, und die
muß nicht ungünstig gewesen sein, denn ehe ein Vierteljahr
um war, ließ Joggeli verkünden mit Anne Mareili und
hat es nie bereut und kriegte nie mehr eine Ohrfeige von ihm.
Aber oft drohte es ihm mit einer, wenn er erzählte, wie Anne
Mareili ihm die Hand nicht hatte geben wollen und ihm gesagt,
es möge nicht warten, bis es ihm den Rücken sehe, und
wie es dann doch froh gewesen sei, ihm die Hand zu geben und sein
Gesicht zu sehen. Wenn er dann aber hinzusetzte, er glaube, jetzt
sehe es sein Gesicht lieber als den Rücken, so gab Anne Mareili
ihm friedlich die Hand und sagte: "Du bist ein wüster
Mann, aber reuig bin ich doch nie gewesen, daß ich dich
wieder angesehen." Dann gab ihm wohl Joggeli sogar vor den
Leuten einen Schmatz, was doch auf dem Lande nicht dick gesehen
wird, und sagte. er glaube immer, er habe seine Frau seiner Mutter
selig zu verdanken, die ihn gerade zu dieser geführt.
Und allemal, wenn Joggeli hörte, einer sei hineingetrappet
und hätte einen Schuh voll herausgenommen, so lachte er,
sah Anne Mareili an und sagte: "Wenn der hätte lernen
Pfannen plätzen und Kacheln heften, so wäre es ihm nicht
so gegangen. Ja, ja, ein Marktgesicht ist vom Hausgesicht geradeso
verschieden wie ein Sonntagsfürtuch etwa von einem Kuchischurz,
und wenn man dieses nicht gesehen hat, so weiß man geradesoviel
von einem Meitschi, als man von einem Tier weiß, das man
im Sack kauft, da weiß ja auch keiner, hat er ein Lämmlein
oder ein Böcklein."
Oh, wenn die Meitscheni wüßten, daß jeden Augenblick
ein solcher Kesselflicker über die Küchentüre hereinsehen
könnte, wäre auch am Werktag um manche besser Wetter,
und sie täte manierlicher jahraus und -ein und wäre
gewaschen Vormittag und Nachmittag!
Im Bernbiet, aber ich sage nicht, wo, liegt ein Bauernhof an sonnigem Rain. Birn und Apfelbäume, mächtig wie Eichen, umkränzen ihn, Allee von Kirschbäumen laufen von ihm aus nach allen Seiten, und fast so weit am Hügel das Auge reicht, breitet sich um denselben aus ein wunderschöner grüner Teppich, kostbarer, als ihn ein König hat: hunderttausendpfündige Matten.
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